Überfälle in der Sächsischen Schweiz

Ein paar Hintergrundinformationen zu Spielarten des Sächsischen Kletterns
für Nicht-Sachsen, Nicht-Kletterer und Nicht-kletternde-nicht-Sachsen

Spalten zwischen Massiv und Fels oder zwei Felsen lassen sich durch Sprünge, Übertritte oder Überfälle überwinden. Bei einem Überfall steht man auf der einen Seite und läßt sich zur anderen überfallen. Logisch - oder? Doch ganz so einfach ist es nicht.

1903 stand ein gewisser Herr Kunze auf der Pfeife der Lokomotive und schaute zur Esse rüber. Weit sieht es nicht aus, es sind gerade mal 1,50m bis zur nächsten Wand. Allerdings stand Herr Kunze auch ziemlich exponiert. Die Pfeife bietet nicht viel Platz und rechterhand geht es nahezu senkrecht fast 200m tiefer bis zum Amselsee. Er wagte dennoch den weiten Schritt ins Ungewisse. Dies gilt als Beginn der Wanderschließung.

Auch heute noch ist der Loküberfall ein beliebter und gefürchteter Weg. Jedoch wird er nur noch selten als Übertritt gemacht. Häufiger ist die Begehung als Überfall. Dabei stellt man sich an den Rand des kleinen Vorsprungs, geht in die Hocke und läßt sich nach vorne umkippen. Erst im Fallen streckt man sich zu seiner vollen Größe aus und versucht mit den Händen an der gegenüberliegenden Wand zu landen. Diese Methode minimiert das Gewicht, das Hände und Arme abfangen müssen. Ein Umfallen im gestreckten Zustand erzeugt enorme Kraft nach unten. Für den Loküberfall sollte man mindestens 1,75m groß sein. Sonst ist es sehr wahrscheinlich, daß man durchfällt.

Nach der Landung spreizt man normalerweise ein Bein aus, um einen stabileren Halt zu haben. Aus dieser Stellung heraus kann man Sicherungen legen oder nach guten Griffen suchen. Denn jetzt kommt der (zweit)schwierigste Teil: man muß sich komplett an die andere Wand ziehen. Findet man einen großen Henkel und hat einen guten Tritt ist das kein Problem. Wenn nicht, dann bleibt einem nur, mit dem hinteren Bein einen Schubs zu geben und das Beste zu hoffen.

Bei Unterstützten Überfällen bekommt der Vorsteiger von einem oder mehreren (ausg. unterst.) Personen Hilfe. Das reicht von einfachen Handreichungen zur Erlangung von Stabilität bis hin zu komplexen Aufbauten, bei denen der Vorsteiger von den Schultern eines Baumannes überfällt, der wiederum auf dem Rücken eines anderen sitzt (Überfallkommando am Langen Israel).

Außerdem darf auch aus der Überfallstellung heraus unterstützt werden. Der Baumann fällt über und geht in Stemm- oder Spreizkaminstellung und fungiert nun als menschliche Brücke, über die der Vorsteiger klettert. Berühmte Beispiele hierzu sind der Größlerweg auf den Frühlingsturm und der AW auf die Rauschenspitze, bei denen lange Bauleute und leichtgewichtige Vorsteiger von Vorteil sind.

Der Loküberfall auf die Lokomotive Esse


Ein unterstützer Überfall - der Größlerweg auf den Frühlingsturm


Der AW auf die Rauschenspitze